Und jetzt - auf mehrfachen Wunsch - zur Technik des Siegerbildes:
Mein Herbstflug–Panorama ist das Resultat einer guten Vorbereitung. Die Ausführung und das spätere Stitchen waren dann gar nicht mehr so schwierig. Zunächst einmal: Ein Gleitschirm wird zu Fuß gestartet und auch zu Fuß wieder gelandet. Eine großer Stativaufbau über dem Piloten würde bei diesen recht kritischen Flugphasen ziemlich hinderlich und auch gefährlich sein. Mein „Aeropod“ baue ich deshalb erst im Flug, nach dem Start auf und vor der Landung wieder ab.
Meine Hardware besteht aus drei Teilen:
- Kamera Canon EOS 5D mit Novoflex Kupplungsstück Q=Plate und Sigma 8mm Fisheye Objektiv
- Modifizierte Mittelsäule, 45cm lang, oben Aluwinkel und Novoflex Schnellkupplung Q=Mount zur Aufnahme der Kamera, unten Novoflex Kupplungsstück Q=Plate
- Modifiziertes Sitzbrett, das vorne, etwa die letzten 10cm leicht nach unten abgewinkelt ist. Hier ist eine Novoflex Panoramaplatte Q=6/8 mittig montiert.
Ich fange mal von unten an: In jedem modernen Gurtzeug befindet sich ein Sitzbrett. Auf so ein Sitzbrett kann man natürlich noch ein zweites legen und dies mit Klett und Schnüren gegen Herausfallen sichern. Das habe ich gemacht. Mit meinem Spezialsitzbrett kann ich ohne Einschränkungen starten, fliegen und laden. Es ist vorne, im Kniebereich um etwa 40 Grad nach unten abgewinkelt. Mit einer Bohrung und einer ¼ Zoll Schraube von unten habe ich dort die Drehplatte, eine Novoflex Panorama=Q 6/8 montiert. Die Platte ist eine photokina Neuheit, für die ich gerade die Anleitung im Auftrag des Herstellers schreibe. Sie ist rastbar (alle 45 und 60 Grad) und besitzt eine integrierte Schnellkupplung.
Das passende Kupplungsstück habe ich ans unteren Ende der Mittelsäule geschraubt. Mein Gurtzeug hat so eine Art Überzug, eine aerodynamische Verkleidung. Zwischen dem eigentlichem Gurt und dieser Verkleidung kann man so eine 45cm lange Stange gut verstauen. Mittels Minikarabiner habe ich sie zusätzlich gegen Herausfallen gesichert. Am oberen Ende der Säule befindet sich ein einfacher Aluwinkel und die Schnellkupplung, eine Novoflex Q=Mount zur Aufnahme der Kamera. Die Abstände sind natürlich genau auf Kamera und Objektiv abgestimmt (Nodalpunktabstand). Mit der 5D und dem Sigma 8mm muß ich ja nicht ins Hochformat, was die Konstruktion einfach macht.
Die Kamera mit Kupplungsstück für die Q=Mount und Objektiv habe ich in einer kleinen Fototasche verstaut, die ich rechts seitlich am Gurtzeug angebracht habe. Wer genau hinsieht erkennt, dass die Tasche den Verlauf der rechten Beschleunigerleine etwas stört. Habe ich im Flug aber nicht gemerkt, der Schirm flog trotzdem geradeaus. Achja, die Kamera wurde natürlich mit einer Leine gesichert.
Anfangs sprach ich ja von einer guten Vorbereitung: Ich kann in meinem Wohnzimmer mein Gurtzeug an einem Gestell aufhängen und so den Auf- und Abbau üben. Ich benötige weniger als 20 Sekunden um meine Ausrüstung schussbereit zu machen. Der Abbau geht noch schneller. Zu einer guten Vorbereitung gehört auch Geduld – man sollte auf die optimalen Bedingungen warten können – und das habe ich gemacht.
Mitte Oktober war es dann soweit, leichter Hochdruckeinfluss und noch Resturlaub, also auf zum Fliegen. Am Achensee kauft man sich immer so eine 3er Karte, zwei kurze Flüge habe ich am Vormittag gemacht – keinerlei Thermik oder Aufwinde, aber schon mal das Auf- und Abbauen der Kamera unter Realbedingungen geübt.
Nachmittags setzt am Achensee immer ein etwas stärkerer Nordwind ein. Im Sommer manchmal zu stark, im Herbst oft sanft und berechenbar, genau wie bei meinem dritten Flug am diesem Tag. Nach dem Start konnte ich am Hang gut soaren und etwas Startüberhöhung gewinnen. Etwas rechts neben meiner linken Hand sieht man übrigens den Startplatz und die Bergbahn.
Zum Fotografieren bin ich dann etwas weiter vom Hang weg geflogen – natürlich auch aus Sicherheitsgründen. Bedingt durch den starken Nordwind habe ich nur noch wenig Fahrt gegenüber dem Boden gemacht, ideal für ein Panorama, die Landschaft bewegte sich kaum noch um mich herum. Also Mittelsäule und Kamera montiert und los ging es. Belichtung (f14, 1/200 Sek. bei ISO 400) und Fokus hatte ich schon vorher eingestellt. Wenn man bei meiner 5D die Spiegelvorauslösung zusammen mit dem Selbstauslöser benutzt, hat dieser 2 Sekunden Vorlaufzeit – ideal für diesen Zweck. 4 Bilder bei jedem zweiten Rastpunkt der Panoramaplatte sorgen für reichlich Überlappung. Wichtig ist vor allem das erste Bild, auf dem der Pilot freihändig und komplett mit dem Schirm abgebildet wurde. Durch die vordere Schräge des modifizierten Sitzbrettes ist die Kamera bei dieser Aufnahme etwas über den Horizont ausgerichtet und erfasst den kompletten Schirm in einer einzigen Aufnahme, was das Stitchen nachher sehr einfach macht. Mit den Oberschenkeln kann man die vertikale Ausrichtung der Mittelsäule ein wenig steuern. Ich habe versucht, sie möglichst gerade zu halten, was mir gut gelungen ist. Bei den drei restlichen Aufnahmen von der Landschaft nahm ich dann eine Hand zur Stabilisierung der Säule zur Hilfe. Dann Kamera wieder abgebaut, Säule eingepackt und gelandet.
Das Stitchen zuhause war dann reine Routine und nicht schwieriger als bei Aufnahmen am Boden: RAW Workfow, PTGui mit Ebenen, Übergänge mit Photoshop bearbeiten, Zerlegen in Würfelflächen mit Pano2VR, Photoshopretusche, fertig.
Und jetzt etwas was mir wirklich am Herzen liegt: Solche Aufnahmen sind
GEFÄHRLICH!!! Jeder Pilot muss natürlich selber wissen, was er verantworten kann und was nicht. Ich persönlich halte mich an folgende Regeln und empfehle sie jedem, der
ALLEINE mit Gleitschirm und Kamera unterwegs ist:
- Niemals in Hang- oder Hindernisnähe fotografieren.
- Beim Fotografieren niemals die Umgebung außer Acht lassen, immer genau wissen was um einem herum passiert.
- Niemals fotografieren, wenn andere in der Nähe sind (der gelbe Schirm wurde per Photoshopretusche ins Bild kopiert)
- Nur bei ruhigen Bedingungen fotografieren.
- Alle Geräte per Leine sichern.
Für alle die solche Aufnahmen probieren möchten folgende Empfehlung: Bucht einen Tandemflug, so kann sich der Pilot aufs Fliegen und der Passagier aufs Fotografieren konzentrieren. Quasi alle guten Aufnahmen in den Fliegermagazinen werden so gemacht.
Wer es dennoch alleine probieren möchte – so wie ich - sollte sich sehr, sehr gründlich darauf vorbereiten.
Für mich war dieses Panorama eine Herausforderung und bin sehr froh, dass es gelungen ist. Vielen Dank für Eure Bestätigung!